Ist die Angabe der Lesedauer bei Artikeln im Web sinnvoll?

Sicht auf das Ziffernblatt einer Armbanduhr

Auf einigen Webseiten werden die potentiellen Leser am Anfang des jeweiligen Artikels über die voraussichtliche Lesedauer des folgenden Textes informiert. Durch diese Zusatzinformation soll dem User die Entscheidung erleichtert werden, ob er den vorliegenden Artikel liest oder nicht.

lesedauer_welt_final Quelle: www.welt.de

Aus Usability-Sicht hat diese Angabe sowohl Vor- als auch Nachteile. Der Vorteil ist, dass dem Besucher die Entscheidung erleichtert wird, welchen Artikel er sofort lesen möchte und welchen eventuell später. Dies ist ein zusätzlicher Service für den Benutzer und ein Unterscheidungsmerkmal zu den Seiten der Konkurrenz.

Eventuell sorgt diese Angabe vor allem bei Nutzern, die neu auf der Seite sind für Verwirrung, weil die User sich über den Sinn dieser kleinen Zusatzfunktion Gedanken machen und vom eigentlichen Inhalt der Seite abgelenkt werden. Damit wäre die grundlegende Usability Regel „Don’t make me think“ verletzt, die Steve Krug bereits vor etlichen Jahren in seinem gleichnamigen, sehr bekannten Buch formuliert hat. Das Problem ist, dass auf den meisten Seiten die Lesedauer nicht angegeben wird und Abweichungen von der Norm vom durchschnittlichen User zumindest am Anfang als irritierend wahrgenommen werden. Eine Lupe als Symbol für eine Suchfunktion wird dagegen von fast allen verstanden und kann daher bedenkenlos eingesetzt werden, weil die User dieses Symbol bereits auf zahlreichen Seiten gesehen haben und es daher mittlerweile selbsterklärend ist.

Die Begründung zur Einführung der Angabe der Estimated Reading-Time (Lesedauer) aus verhaltenspsychologischer Sicht klingt ebenso simpel wie einleuchtend, je mehr wir über etwas wissen, umso höher ist die Wahrscheinlichkeit, dass wir uns für etwas entscheiden. Wird also die Lesedauer mit angegeben, steigt nach dieser Theorie die Wahrscheinlichkeit, dass der ganze Artikel gelesen wird. The more we know about something „” including precisely how much time it will consume „” the greater the chance we will commit to it. http://www.newyorker.com/tech/elements/a-list-of-reasons-why-our-brains-love-lists

Aus Sicht der Suchmaschinenoptimierung hat die Angabe der Lesezeit Auswirkungen auf zwei Rankingfaktoren: die Verweildauer und die Absprungrate (Bounce-Rate).

Unter Verweildauer wird die Zeit verstanden, die ein User auf einer Webseite verbringt, bevor er sie wieder verlässt. Bei einer sehr geringen Verweildauer ist zu vermuten, dass die Qualität der Texte gering ist und die Webseite keine hochwertigen Inhalte enthält, die den User zum intensiveren studieren der Seite animieren. Auch ein komplizierter Aufbau und eine schwere Bedienbarkeit können die Verweildauer auf einer Seite negativ beeinflussen, weil der Besucher die Seite bei diesen Problemen vermutlich schon nach kurzer Zeit wieder verlassen wird.

Steht bei einem Text nun beispielsweise eine Lesedauer von 10 Minuten, ist zu befürchten, dass viele potentielle Leser abgeschreckt werden und die Webseite möglicherweise ganz verlassen. Dies steht im Widerspruch zur verhaltenspsychologischen Begründung, dass durch die Angabe der Lesedauer mehr Menschen die Texte lesen. Nur eine professionelle SEO- Agentur kann diese Frage unter Einsatz der neuesten Tools und durch eine korrekte Interpretation der Daten (Absprungrate, Verweildauer) für jeden Einzelfall abschließend klären.

Kommen die User direkt durch eine Sucheingabe auf einen Artikel oder eine Seite und verlassen die Webseite sofort wieder, wird dadurch die Absprung-Rate (Bounce-Rate) verändert.

Als Bounce-Rate bezeichnet man das Verhältnis von Webseitenbesuchen mit nur einem Seitenaufruf und ohne weitere Interaktion zur Gesamtzahl der Webseitenbesuche. Dies lässt sich am besten an einem Beispiel verdeutlichen. Hat eine Webseite insgesamt 1.000 Besuche, von denen allerdings 300 eine bestimmte Seite (Landingpage) schnell wieder verlassen, ohne eine andere Unterseite der entsprechenden Webseite aufzurufen oder eine Interaktion zu tätigen (Kontaktbutton drücken, Newsletter abonnieren, Waren bestellen“¦. ), beträgt in diesem Fall die Bounce-Rate 30 Prozent.

Eine sehr hohe Bounce-Rate deutet auf eine schlecht optimierte Landingpage hin, die den User nicht zur Interaktion verleitet und somit ihren eigentlichen Zweck verfehlt. Die Benutzer gelangen also durch „falsche“ Suchbegriffe auf die Seite. Die Besucher finden nicht die Inhalte auf der Seite, die sie aufgrund ihrer Sucheingaben erwartet hätten. Es wird dementsprechend nicht auf die richtigen Suchbegriffe optimiert und eine falsche Zielgruppe angesprochen. Bei diesem Problem muss eine gründliche Untersuchung der Seite durch Suchmaschinenexperten vorgenommen werden.

Um zu verhindern, dass die User bei zu langen Artikeln sofort wegklicken, wurde auf www.spiegel.de vor einigen Monaten eine Zusammenfassung angeboten. Dabei wurde am Ende des jeweiligen Artikels ein kurzer zusammenfassender Text formuliert, so dass Besucher, die nur wenig Zeit hatten, sich nur diese Zusammenfassung durchlesen konnten und nicht sofort durch die Angabe einer hohen Lesedauer abgeschreckt wurden. Außer der Möglichkeit den Text zu lesen oder nicht, gab es als dritte Möglichkeit nun die Option, nur die Kurzfassung des Artikels zu lesen. Durch Scrollen ans Ende des Artikels gelangte man zur in kursiver Schrift angebotenen Zusammenfassung.

spiegel_zus Quelle: www.spiegel.de im Juli

Auch diese Vorgehensweise kann kontrovers betrachtet werden, weil dadurch eventuell nicht die kompletten Texte, sondern nur noch die Zusammenfassungen gelesen werden und die Verweildauer auf der Webseite sinkt. Außerdem wird der eigene Content durch diese Zusatzfunktion zumindest teilweise entwertet. In der Praxis haben sich diese Zusammenfassungen offensichtlich nicht bewährt, weil sie nach einigen Wochen komplett abgeschafft wurden.

Grundsätzlich sollten Veränderungen auf Webseiten gut durchdacht werden. Daher ist es sinnvoll sich dabei von SEO Experten beraten zu lassen, um die Qualität und das Ranking der eigenen Seite nicht zu verschlechtern.

Marcel Sarman

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