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von e-fee » 04.09.2009, 16:04
Auch wunderbar, Velnias.
Vielleicht noch ein paar Beobachtungen meinerseits, wenn ich meine Kindheit, die sich größtenteils in den 80ern abgespielt hat, mit heute vergleiche.
Ich wuchs in einem Dorf mit ca. 2000 Einwohnern (jaaa, hier in der Gegend ist sowas noch ein Dorf!) auf. Etwa ab dem ersten Schuljahr war ich nachmittags allein auf Achse, meist ging es zum "großen Spielplatz". Man kannte die anderen Kinder, und auch die Mütter der Kindergartenkinder.
Je nach Jahreszeit sollte ich mich entweder beim Glockenläuten oder dann, wenn die Laternen angingen, auf den Heimweg machen.
Grundsätzlich kam es auch schon mal vor, dass ich spontan mit zu anderen Kindern gegangen bin, die meist in Spielplatznähe wohnten. Im Prinzip war aber das ganze Dorf potenzielles Revier. Meistens kam meine Mutter mal mit dem Hund am Kinderspielplatz vorbei und sah kurz nach dem Rechten, aber nur, weil sie sowieso dort unterwegs war. (Wenn wir gerade mal wieder Verstecken spielten, fand sie mich eh nicht, war ihr aber auch egal!)
Ein bisschen befremdlich fand ich damals schon, dass die Kindergartenkinder in die Schule kamen und Mama immer noch auf der Bank am Spielplatz saß.
Ansonsten: örtlicher Turnverein, Kindergruppe der AWO ... bin ich natürlich immer allein hingestiefelt bzw. hab mich auf mein Rad geschwungen.
Mamas Auto kam erst ins Spiel, als ich für den Basketballverein in die Stadt musste (und auch da nur im Winter, aber da war ich auch schon 12).
In meiner Verwandtschaft hatte eine Familie mit 4 Kindern einen Wagen mit 5 Sitzen - einer musste also immer daheim bleiben. Und nein, einen Zweitwagen gab es in der Familie nicht!
Heute sieht es doch vielfach so aus: sobald der erste Braten in der Röhre ist, kriegt Mama ihren Van hingestellt. Um diesen Van soll sich in den kommenden Jahren alles drehen. Warum eigentlich ein Van? Vielleicht, damit Mama sich nicht bücken muss, wenn sie den quengelnden Sprössling im Kindersitz festschnallt. Und den High-Tech-Kinderwagen muss man ja auch neben dem Wochenendeinkauf im Kofferraum unterbringen können - mindestens, bis das Kind 3 ist!
Mit dem Van geht es dann alsbald zum Babyschwimmen und zur Mutter-Kind-Gruppe. Spätestens wenn das Kind anderthalb ist, zu vorbereitenden Maßnahmen und Kennenlerntreffen, damit das Kind den Kulturschock übersteht, wenn es Jahre später in den Kindergarten kommt ... ach nee, stimmt ja gar nicht, heute heißt das ja KITA!
Bei Bedarf natürlich auch noch Chinesich für Babys und weiß der Teufel was.
Zur KITA geht es natürlich auch immer mit dem Van, selbst wenn sie gleich die Ecke rum liegt. Aber zu Fuß gehen - wo kämen wir denn da hin? Selbst wenn es länger dauern sollte, den quengelnden Sprössling im Van anzuschnallen.
Nachmittags geht es dann, ebenfalls im Van, zu Freunden, die von den Eltern sorgfältig ausgewählt wurden, damit das eigene Kind ja keinen psychischen Schaden nimmt oder gar schlechten Umgang bekommt. Am Ende gar Kinder aus anderen sozialen Schichten, pfui!
Alternativ geht es zum Kurs Chinesisch für Grundschüler, frühes Rhetoriktraining, zum Sport, zur Nachhilfe (um aus dem Zweier-Schüler einen Einser-Schüler zu machen), danach zum Psychologen, damit die nächste Ration Ritalin oder sonstiges Gehirndoping gesichert ist. Alles im Van.
Jahre später kommt der Van dann nicht mehr so häufig zum Einsatz. Das Kind hockt vor der Playstation oder Xbox, manchmal sogar zusammen mit Freunden. Oder allein vorm Computer. Da lernt es dann im Chat "monika13" kennen, die mit "harald38" besser umschrieben wäre. Aber zum Glück traut man sich nicht, Mama darum zu bitten, einen mit dem Van dorthin zu fahren.
Sollte das Kind sich etwa ab dem 13. Lebensjahr doch wieder auf die Straße wagen, dann im Prinzip nur mit einer Packung Kippen, um mit den Kumpels irgendwo "abzuhängen" - ich hab in dem Alter noch die Möglichkeiten der Spielplätze genutzt und mit Lego und Playmobil gespielt!
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e-fee am 04.09.2009, 16:06, insgesamt 1-mal geändert.